Dr. Joachim Venzmer

Evonik Operations GmbH

Head of Research Interfacial Technology

Aktuelle Vorträge / Poster

15.10.2025

11:25

-

11:45

-

Formulieren mit Biotensiden – Die physikalische Chemie hinter dem Wettbewerb zwischen Protonen und Wasserhärte

(nach dem Kongress in der SOFW Mediathek verfügbar)

English

Glycolipid-Biotenside, insbesondere Rhamnolipide, haben in den letzten Jahren aufgrund ihrer außergewöhnlichen Kombination aus hervorragender Solubilisierung bei gleichzeitiger außerordentlicher Mildheit gegenüber Wasserorganismen, Haut, Proteinen, Enzymen, (Poly)Kationen und Kunststoffen beträchtliches Interesse auf sich gezogen. Aufgrund dieser besonderen Eigenschaftskombination sollte es nicht überraschen, dass sie sich sowohl bei der Formulierung als auch bei der Anwendung anders verhalten als Standardtenside wie SDS oder SLES.
Unter Berücksichtigung des Packungsparameterkonzepts sind die bisher betrachteten Glycolipid-Biotenside relativ hydrophil. Daher wurde versucht, sie mit eher hydrophoben Cotensiden wie Fettalkoholethoxylaten mit einem niedrigen Ethoxylierungsgrad zu kombinieren. Eine andere Möglichkeit, die Hydrophilie der Glycolipide zu reduzieren, besteht darin, die chemische Struktur der Zucker-Kopfgruppe zu verändern, z. B. durch Entfernen einer oder sogar beider Zuckergruppen.
Solche Änderungen in der molekularen Architektur haben wichtige Konsequenzen in Bezug auf die Zugänglichkeit der Carboxylatgruppe, was wiederum nicht nur die Interaktion mit Kationen, sondern auch die Säurestärke (pKa) der Carboxylatgruppe beeinflusst. Wie gezeigt wird, hat darüberhinaus auch die Wahl der Co-Tenside einen Einfluss auf den Protonierungsgrad der Biotenside beim pH-Wert der Formulierung.
Daher lassen sich vermeintlich überraschende Effekte, wie sie bei der Formulierung mit Glycolipiden unterschiedlicher chemischer Struktur auftreten, alle durch Gesetzmäßigkeiten der physikalischen Chemie erklären. Während Einige das Formulieren als Kunst betrachten, ist es in Wirklichkeit nur Wissenschaft.